Darf ich Ihnen helfen ...
Da
dachte ich beim Betrachten der Preistafel 1,10 Euro für den Liter
Diesel, das ist doch mal ein Lichtblick, am Ende des Tunnels.
Blinker rechts und rauf auf die Tankstelle.
Ich
saß noch so einen winzigen Moment im Auto, da stand er vor der
Fahrertür. Mein erster Gedanke, er hat keine Uniform des Landes
Berlin an, also kann es nicht so teuer werden.
Der zweite Gedanke, was will er und warum von mir?
Sehr
skeptisch und vorsichtig öffnete ich das Fenster auf der
Fahrerseite mit der Gewissheit, dass alle Türen verriegelt sind
und ich jederzeit bei noch laufendem Motor die Flucht ergreifen
könnte.
„Guten Tag, Tankwartservice, darf ich Ihnen beim Tanken helfen?“
Wie
helfen und warum, schoss es mir durch den Kopf. Habe ich etwas
gewonnen, laufen hier Kameras, bist du hier vielleicht bei der
versteckten Kamera?
Der Mann, der immer noch lächelte, sah wohl meinen fragenden und verstörten Blick.
Gerne tanke ich ihren Wagen auf. Diesel, volltanken?
Ja. Ja, gerne. Ich begann die Situation zu beurteilen, keine stinkenden Dieselhände, nicht schlecht.
Er fängt an, die Windschutzscheibe zu putzen.
Na super denke ich mir, dann kostet der Liter bestimmt 1,50 Euro oder so.
Der Blick zur Zapfsäule sorgte für Entspannung, es blieb bei 1,10 Euro.
Ich
kam René ins Gespräch, dem Fahrbahnberater wie er bei Shell
offiziell heißt. Die Tankstelle bietet den Service seit 2 Monaten
in der Zeit von 9 h – 18 h an.
In Deutschland gibt es den Service bereits seit knapp zwei Jahren, auf ausgewählten Tankstellen.
Zu Renés Dienstleistungen gehören:
- beraten bei der Wahl des Kraftstoffes.
- betanken des Fahrzeugs.
- überprüfen des Ölstandes.
- Kontrolle des Scheibenwischwassers.
- Reinigen der Frontscheibe.
-
Finde ich extrem Klasse.
By the way, was kostet der Spaß eigentlich?
Freundlich
zeigte mir René Rohkohl eine Servicekarte. Das ist die
Rechnung?! Ein freiwilliger Beitrag von einem Euro. Angestellt ist
René fest beim Tankstellenpächter.
Durch meine erste skeptische Reaktion auf den Mann, der da an meinem Wagen stand, stellte sich mir die Frage:
Warum haben wir Deutschen so viele Probleme damit, uns bedienen zu lassen?
Gut
kann ich mich an ein Gespräch mit Hannes Gorbach, zur damaligen
Zeit Vorstandsmitglied im Tengelmann Konzern, (KAISER´S) erinnern.
Herr Gorbach hatte die Idee, wie in Amerika an den Kassen der Supermärkte, freundliche Helfer zu platzieren.
Der Einkauf der Kunden, wird in Amerika blitzartig, optimal gepackt, in Tüten gesteckt und zum Auto des Kunden gebracht.
Gegen einen freiwilligen Beitrag des Kunden.
Der
Gedanke wurde damals (90er Jahre) durch Gewerkschaftsfunktionäre
unter fadenscheinigen Gründen verhindert und im Keim erstickt.
Den Service hätten nicht nur die „Omi´s“ gut gefunden.
In
vielen Ländern der Welt zählt es als Kunst, den Kunden mit
Service zu erfreuen und so zum Wiederkommen zu ermutigen.
Doch wie das Annehmen von Dienstleistungen will auch das Wort Dienstleistung richtig verstanden werden.
Dieses
Wort setzt sich zusammen aus den Worten „DIENEN“ und
„LEISTEN“ an für sich ist das doch ganz einfach zu
verstehen.
Ein weiteres Beispiel:
Die Firma 3-B Dienstleistung GmbH in Berlin (www.3-b.de) bietet einen
„Empfangsservice“ an. Ein Concierge – Service ist in
anderen Ländern nichts neues. Die gute Seele im Haus erfüllt
viele Wünsche. Reservieren von Theaterkarten, Kleidungsstücke
in die Reinigung, Lieferungen annehmen, Brötchenservice zum
Frühstück, Blumenpflege, Postkastenentleerung während
der Urlaubszeit und vieles mehr ist möglich.
Je nach Auftrag und Wunsch des Kunden kann fast alles realisiert werden.
Immer noch die bohrende Frage, warum fällt uns Deutschen es so schwer, diesen und anderen Service zu nutzen?
Die Antwort ist meines Erachtens einfach.
Service, das ist ein Stück Kultur.
Kultur muss man lernen und erleben.
Vorgelebt bekommen.
Wir Kunden müssen es zulassen uns verwöhnen zu lassen.
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René Rohkohl bei seiner Arbeit auf der Shell Station
in 12207, Berlin Königsberger Strasse 8
(c) Bilder und Artikel von Jörg-Olrik Graul
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Schuhe putzen, in New York eine nette Möglichkeit, die Zeitung zu lesen, mit einer positiven Aktion den Tag zu beginnen.
Die Scheiben beim Auto mal sauber wischen zu lassen und tanken ohne Spritfinger zu haben, fahr doch mal bei René vorbei.
Das
schafft gute Laune und Arbeitsplätze. Das schafft Umsatz. Darauf
resultiert und gründet sich der Wohlstand einer Gesellschaft.
Aber, man muss es wollen und zulassen!
Eine Beispielrechnung ging mir durch den Kopf. Wie rechnet wohl der Tankstellenpächter?
Bei
vier Kunden in der Stunde á einen Euro, an einem acht Stunden
Tag macht knapp eintausend Euro. Die Möglichkeit von
Zusatzverkäufen ist für den Pächter bestimmt auch eine
weitere interessante Möglichkeit für zusätzlichen Gewinn.
Die freundliche Bedienung sorgt für Kundenbindung, nicht schlecht.
Das dies ein guter Weg ist, zusätzlich Arbeitsplätze zu schaffen, soll hier nur am Rande erwähnt werden.
Ein konträres Beispiel für die Tankstellenpächter ist:
Für
85.000 Euro kann der Tankstellen Besitzer auch einen Vollautomatischen
Tankroboter in Holland kaufen. Der Kunde braucht noch nicht einmal mehr
zum Bezahlen auszusteigen.
Allerdings fällt das nette Gespräch beim Tankwartservice auch weg.
Ich freue mich darauf, wieder von René mit seiner freundlichen Art begrüße zu werden.
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